Die Zunft: mehr als nur robuste Kleidung für das traditionsreiche Handwerk

Was haben eine Kette des Löwen, eine Hammerschlaufe und acht Perlmuttknöpfe gemeinsam? Sie gehören wie viele andere Symbole zu einer klassischen Zunftkleidung. Diese robuste Arbeitskleidung wird heute nicht nur von Handwerkern auf der Walz getragen. Auch für Qualitätsarbeit auf dem Bau, in der Werkstatt oder der Freizeit nimmt die Zunftkleidung einen hohen Stellenwert im traditionsreichen Handwerk ein.

Das unverwechselbare Äußere für Handwerker

Es waren vor allem Dachdecker, Zimmermänner und Maurer, aber auch Steinmetze, Schornsteinfeger und Tischler, die einer Zunft angehörten und dies durch ihre Kleidung auch stolz nach außen demonstrierten. Dabei sieht die Zunftkleidung sehr ungleich aus. So unterscheiden sich die Zunfthosen je nach Handwerk etwa im Schnitt und der Farbe. Eines haben jedoch alle Zünfte gemeinsam. Es handelt sich um sehr robuste Arbeitskleidung, die den harten Anforderungen des jeweiligen Handwerks gerecht werden muss. Verarbeitet werden Genua-Cord, Manchester- oder Trenker-Cord. Die Stoffe geben ein angenehmes Tragegefühl, sind atmungsaktiv und ausgesprochen langlebig. Als wichtig erweisen sich diese Eigenschaften nicht nur für den Arbeitsalltag. Handwerker, die auf die Walz gehen, müssen ihre Zunftkleidung für die gesamte Dauer tragen. Aus diesem Grunde werden die Kleidungsstücke besonders hochwertig gefertigt, teilweise besitzen sie Dreifachnähte oder sind an manchen Stellen verstärkt.

Die strengen Vorgaben der Zünfte

Wer sich entschließt, Zunftkleidung zu tragen, tut dies mit aller Konsequenz. Die Ansprüche an die Traditionsoutfits sind nicht nur aufgrund der Arbeitsanforderungen hoch. Es existieren noch heute strenge Vorschriften, welche Merkmale die Zunftkleidung besitzen soll. Vorgegeben wurden diese ursprünglich von den Zünften, also dem Zusammenschluss von Handwerksmeistern einer Gilde, selbst. Diese entstanden bereits im Mittelalter und existierten bis ins 19. Jahrhundert hinein. Die Zünfte beeinflussten mit ihren strengen Vorgaben nicht nur die Kleidung der Handwerker, sie sorgten auch für Sicherheit, Qualitätserhalt im Handwerk und leisteten wertwolle soziale Dienste, etwa für die Hinterbliebenen. Was die Zunftkleidung betrifft, besteht diese aus folgenden typischen Bestandteilen.

Der Hut: In aller Regel tragen Handwerker auf der Walz einen Schlapphut mit auffallend breiter Krempe. Ebenfalls erlaubt sind ein Zylinder oder ein Koks (unter Handwerkern die Bezeichnung für eine Melone). Eines haben die Hüte jedoch immer gemeinsam: Sie sind ausschließlich schwarz. Auf Wanderschaft werden sie nie abgenommen, außer beim Essen.

Die Hose: Zunfthosen verfügen über zwei Reißverschlüsse vorn. Sie sind ein sehr markantes Merkmal einer Zunfthose. Außerdem besitzen sie an den Seiten Außentaschen, in denen praktisch Werkzeug, Bleistift usw. untergebracht werden. Die Schnittform variiert. Zimmermänner etwa tragen Zunfthosen mit sehr breitem Schlag, die den Fuß vor Sägespänen schützen.

Die Staude: Es handelt sich um ein klassisches weißes Zunfthemd ohne Kragen.

Die Weste: Typisch für eine Zunftweste sind die acht Perlmuttknöpfe vorne, die stellvertretend für den 8-Stunden Arbeitstag stehen. Die Anordnung der Knöpfe kann von Schacht (Gesellenvereinigung) zu Schacht variieren.

Das Jackett: Sechs Perlmuttknöpfe vorne, symbolisch für die sechs-Tage Woche, und je drei Perlmuttknöpfe an den Ärmeln, sind klassische Merkmale eines Zunftjacketts. Die drei Ärmelknöpfe stehen für die drei Jahre Wanderschaft sowie die drei Jahre der Lehre im Handwerk.

Der Stenz: Handwerker auf der Walz schnitzen sich einen eigenen Wanderstock namens Stenz.

Der Koppel mit Schloss: Abhängig vom Handwerk ist das Koppelschloss mit dem jeweiligen Zunftzeichen verbunden, zum Beispiel bei Zimmermännern Hobel, Winkel und Zirkel.

Die Taschenuhr an der Uhrkette: In der Weste trägt jeder Handwerker auf der Walz eine Taschenuhr, in welche die Wappen der Städte eingraviert werden, in denen er auf seiner Wanderschaft gearbeitet hat.

Der Ohrring: An seinem goldenen Ohrring erkennt man die zugehörige Zunft eines Handwerkers auf der Walz. Machte der Wanderer seiner Zunft keine Ehre oder kehrte er zu früh zurück, wurde ihm der Ohrring entrissen. Daher stammt auch der Begriff Schlitzohr.

Die Ehrbarkeit: Gehört ein Handwerker einem bestimmten Schacht an, trägt er lediglich auf der Walz eine Ehrbarkeit. Es handelt sich hierbei um eine gebundenes Tuch, ähnlich einer Krawatte. Freireisende Wanderer ohne Zugehörigkeit zu einem Schacht, tragen keine Ehrbarkeit.

Fazit: Zunftkleidung ist mehr als nur eine äußerst robuste Arbeitskleidung. Sie steht für viel Tradition im Handwerk und besitzt in ihrer detaillierten Aufmachung vielfachen Symbolcharakter.

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